Deutsche Vorstehhunde

 

  

 

 

Die Gruppe der Vorstehhunde ist heute die größte unter den Jagdhundrassen. Die deutschen Vorstehhunde sind wahre "Alleskönner”, die mit Ausnahme der Baujagd alle Jagdgebiete abdecken bzw. beherrschen. Die ersten Berichte über das Vorstehen, das regungslose Verhalten des Hundes vor dem - beispielsweise - Federwild, gibt uns Xenophon, der 434 bis 355 v. Chr. lebte. Diese Eigentümlichkeit, die damals nur vereinzelte Hunde zeigten, ist eine Naturanlage, die damals explizit selektiert und im Anschluss mühsig weiter vererbt wurde.

 

Bereits in Schriften aus den ersten Jahrhunderten der Christlichen Zeitrechnung wird auf Hunde Bezug genommen, welche dem heute vorkommenden rauhhaarigen Typ in Optik, wie Verhalten, gleichen.

 

Auch wurden rauhhaarige, große Jagdhunde bereits von H. F. Fleming in der Schrift „Der vollkommene teutsche Jäger“ aus dem Jahr 1724 erwähnt. Es ist dort die Rede von den „böhmischen rauhaarigen Wasserhunden“. Damit sind zweifelsfrei die rauhaarigen Vorstehhunde aus der Region Böhmen gemeint. Diese Hunde existierten nachweisbar bereits in der Regierungszeit des Kaisers und Königs Karls IV. (1316-1378). In einem auf der Burg Karlstein gefundenen Schriftstück des Herrn Vilem Zajic von Valdeck heißt es:

Im Jahre des Herrn 1348 schenkte der König Karl IV. dem Brandenburgischen Markgrafen Ludwig zur Jagdunterhaltung leistungsfähige Jagdhunde, genannt canis bohemicus“.

 

 

 

 

 

 

Xenophon
Xenophon

 

 

 

 

 

Schon bei den Welpen zeigt sich das Vorstehen. Bevor sie noch von der Mutter entwöhnt sind, können sie Spatzen und Tauben an ihrer Futterschüssel durch plötzliches regungsloses Verharren anzeigen. Es kann sogar vorkommen, dass sie dem vorstehenden Bruder "sekundieren”, also ebenfalls vorstehen, ohne selbst die Witterung des Vogels zu haben.

 

 

 

Die Vorstehhunde sind frühreif und werden schon im ersten Lebensjahr in die Ausbildung genommen. Es ist erstaunlich, welcher Gehorsam in den so temperamentvollen Junghunden steckt! Außer dem Anzeigen des Federwilds gehört es zur Aufgabe des Vorstehhundes, die geschossenen Hühner und Hasen zu apportieren, auch die Enten aus Schilf und Wasser. Außerdem hat er meist eine Ausbildung als Schweißhund hinter sich; er soll Füchsen und wildernden Katzen gegenüber scharf sein und seinen Herrn im Kampf gegen Wilderer unterstützen. Von den Rassen, die diese vielseitige Arbeit leisten, werden Deutsch-Drahthaar und Deutsch-Kurzhaar am häufigsten geführt. Beide sind kraftvolle Hunde, deren Körperbau verrät, was an Ausdauer und Schnelligkeit in ihnen steckt. Zum Unterschied vom englischen Pointer ist ihr Nasenrücken leicht gewölbt, eine "Ramsnase”; und ihr Stirnabsatz ist weniger ausgeprägt. Die Lefzen sollen nicht stark überfallen. Farben: Schwarz, Braun, Braunschimmel, Schwarzschimmel oder Weiß mit braunen bzw. schwarzen Platten; die Nase ist braun und soll möglichst groß sein. Die Größe jeweiligen kont. Vorstehhundes variiert - rasseabhängig - zwischen 58 bis 70 cm. Die Rute wird rechtskonform kupiert, damit sie beispielsweise bei der Arbeit im Wald nicht an die Bäume schlägt oder der Hund bei der Arbeit am Schwarzwild weniger Gegenangriffsfläche bietet.

 

 

 

Das Haar des Deutsch-Kurzhaars ist kurz, dicht, derb und hart und bietet auch im Winter ausreichenden Schutz. Der Deutsch-Drahthaar ist ein überaus widerstandsfähiger Bursche, mit hartem, nicht zu langem Drahthaar, buschigen Brauen und knappem Bart. Weitere, sich nur in der Haarstruktur unterscheidende drahthaarige deutsche Vorstehhunde sind der "Griffon”, "Deutsch-Stichelhaar” und der "Pudelpointer”.

 

 

 

Der langhaarige Vorstehhund, Deutsch-Langhaar, hat den gleichen Körperbau, wird aber mindestens seit dem Mittelalter getrennt gezüchtet. Das Haar ist mit 3 bis 5 cm mäßig lang, weich und hat ausreichend Unterwolle. Die Fahnenrute wird nicht kupiert. Die Farbe ist ebenfalls Braun oder Weiß mit Braun. Diese drei Rassen sind ausschließlich im Besitz von Jägern.

 

 

 

Der Große Münsterländer Vorstehhund gleicht dem Deutsch-Langhaar, bis auf die Farbe. Auch er ist ein wasserfreudiger, wetterfester Hund, ein ausgezeichneter Apporteur, hat daneben gute Haushundeigenschaften; - dabei zeichnet ihn seine Wachsamkeit aus. Seine Farbe: Weiß mit schwarzen Platten oder Schwarzschimmel mit schwarzer Nase.

 

 

 

Der Kleine Münsterländer Vorstehhund ist ebenfalls ein rechter Feld-, Wald- und Wiesenhund, auf allen Gebieten der Jagd zu gebrauchen. Wegen seiner geringen Große - die Schulterhöhe beträgt nur 46 bis 56 cm - ist er ein idealer Hund für den Jäger in der Großstadt, der nur ab und zu Gelegenheit zum Jagen hat. Ein guter Haus- und Begleithund, der öfter als die anderen Vorstehhunde in Nichtjägerhänden ist. Farbe: Weiß mit braunen Platten oder Braunschimmel. Sein zweiter Name, "Heidewachtel”, darf keine Verwechslung mit dem Wachtelhund aufkommen lassen, der ein Stöber- und kein Vorstehhund ist.

 

 

 

Eine weiter alte Rasse unter den kontinentalen Deutschen Vorstehhunde ist der Weimaraner, - ein einfarbig silbergrauer kraftvoll-eleganter Hund. Er ist meistens kurzhaarig, kommt jedoch auch in langhaariger Fellvariante vor. Besonders bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass Hunde mit frappierender Ähnlichkeit bereits 1750 (und noch früher) auf Ölgemälden abgebildet sind.

 

 

 

An dieser Stelle sollen noch zwei weitere Hunderassen Erwähnung finden, welche - aus Sicht des Autoren - im Eigentlichen auch intensiv auf deutsche Wurzeln zurückgehen. Dabei ist zum einen der Böhmisch Raubart (Cesky Fousek) erwähnenswert, welcher genetisch mit dem Deutsch Stichelhaar nahezu identisch ist.

 

Zum anderen ist der Slowakische Raubart (Slovenský hrubosrstý stavač) in diesem Zusammenhang keinesfalls außer Acht zu lassen. Dieser stellt im Wesentlichen eine Komposition zwischen dem Böhmisch Rauhbart und dem Weimaraner dar. 

 

 

 

Im Ergebnis können all die zuvor erwähnten Kontinentalen Vorstehunde auf eine sehr alte, und dabei nicht weniger wertvolle, Entstehungsgeschichte verweisen. Im Wesentlichen gilt es, diese umfänglich erhaltenswerte Bedeutung dieser wunderbaren Hunde auch in Zukunft zu pflegen und zu erhalten.